Im Juli 1998 beschlossen 120 Staaten, das Nürnberger Vermächtnis in eine ständige Einrichtung umzuwandeln, was zuvor noch nie geschehen war. Diese Staaten verpflichteten sich, die schwersten Verbrechen gegen die internationale Gemeinschaft zu verhindern und zu bestrafen: Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Kriegsverbrechen und Angriffskriege.
Um den Schutz der Opfer zu gewährleisten, schufen sie den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag, der eingreifen soll, wenn Staaten nicht handeln. Der argentinische Jurist Luis Moreno Ocampo wird der erste Chefankläger des ICC und widmet sich zehn Jahre lang der Verfolgung von Kriegsverbrechern in aller Welt. Schließlich übergibt Ocampo sein Amt an seine Nachfolgerin Fatou Bensouda, kehrt heute aber zum ersten Mal wieder nach Europa zurück, um sich mit einer Grundsatzrede an die Weltgemeinschaft zu wenden, und zwar an dem Ort, an dem die Verfolgung von Kriegsverbrechern ihren Anfang nahm – im Nürnberger Gerichtssaal 600.
“Kann die Justiz den Krieg als Mittel zur Konfliktlösung ersetzen“? Ocampo glaubt, dass es möglich ist. Doch man braucht die weltweite Unterstützung der Menschen. Um sie zu erreichen kann und Film eine entscheidende Rolle spielen. Der Film ‚Urteil von Nürnberg‘ (1961) über die Nürnberger Prozesse, öffnete Millionen von Menschen die Augen für die Schrecken des Holocaust. Der im letzten Jahr erschienene Film Oscar nominierte Film ‚Argentina 1985‘, der den jungen Ocampo bei der Verfolgung von Gräueltaten der Militärjunta zeigt, klärt neue Generationen über den wahren Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur auf. Ebenso wirft ‚War and Justice‘ Licht auf den Teufelskreis der Gewalt, dem die Welt angesichts der vielen Kriege schutzlos ausgesetzt zu sein scheint.
Heute ist der ICC gefragter denn je. Russland beschloss, einen Teil der Ukraine militärisch zu besetzen, und 43 Staaten reagierten darauf, indem sie den ICC um Intervention baten. Die Ukraine akzeptierte die Zuständigkeit des Gerichts für die Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und Karim Kahn, der derzeitige Chefankläger des ICC, ist zwar aktiv, kann aber das Verbrechen des Angriffskrieges nicht verfolgen, da eine 2017 verabschiedete Gesetzesänderung die Zustimmung des Aggressors, in diesem Fall Russlands, erfordert.
Im Genre eines Justizthrillers erzählt der Film wie der erste international legitimierte Strafgerichtshof gegen Kriegsverbrecher ermittelt. Darunter sind Fälle wie die Niederschlagung des Arabischen Frühlings in Libyen, mögliche Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg und die Rekrutierung von Kindersoldaten im Kongo. Die Schauspielerin Angelina Jolie und Sondergesandte der UN und einer der ehemaligen Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen, Ben Ferencz, reisen eigens für den ersten Prozess gegen den kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga Dyilo nach Den Haag. Sie wollen dieses junge Gericht und seine Akzeptanz in der Öffentlichkeit unterstützen. Ben Ferencz, der im April dieses Jahres mit 103 gestorben ist, hat sein Leben lang dafür gekämpft, Angriffskriege selbst als Kriegsverbrechen einzustufen. Seiner Ansicht nach führen alle Kriege zu Gräueltaten an der Zivilbevölkerung, was in der heutigen hybriden Kriegsführung unvermeidlich ist.
Gibt es einen Ausweg aus dem Teufelskreis der Gewalt, den ein Internationaler Strafgerichtshof bieten könnte, wenn er von allen Staaten der Welt anerkannt würde und jeder Staatschef, der Kriegsverbrechen zulässt oder einen Angriffskrieg führt, zur Verantwortung gezogen würde?